Wie ungewöhnlich ist queer? Ist queer immer ein Coming Out, eine Abgrenzung von Verhältnissen in Kindheit und Jugend? Wann bin ich angekommen?
Der Roman von Olga Grjasnowa hat im Gegensatz zu vielen der anderen Texte in diesem Hörraum zwar viele queere Protagonist_innen, macht dies selber aber viel weniger zum Thema als dass es um andere Lebensentscheidungen geht – die auch dann mit geprägt sind durch nicht-heteronormative Lebensweisen. In dem Roman wird zugleich auch deutlich, dass nicht-heteronormativ zu leben auch eine politische Entscheidung sein kann oder ist, wenn zum Beispiel Ehen aus Gründen der Sicherung von Aufenthaltsrechten eingegangen werden – oder wenn Personen sich miteinander unterschiedlich verbünden – Nahbeziehungen würde ich das nennen – die nicht alle und ausschließlich auf exklusiver oder Treue beschworener Sexualität beruhen. (Ähnliches gilt im Übrigen auch für den zweiten Roman derselben Veranstaltung : Brilka oder das Achte Leben von Nino Haratischwilli: Auch hier gibt es viele queere Figuren in der Geschichte, deren Queerness aber nicht selber zum Thema gemacht wird, sondern die Teil einer größeren Geschichte sind.) In dem Roman spielt Sexualität zwar eine große Rolle, sie ist aber auch Bedrohung, Gewalt, Anpassung und Lieben drückt sich in sehr viel verschiedenen Formen aus: Achtsamkeit und Leben miteinander Teilen, Füreinander Einstehen und sich unterstützen. Das wird auch in der Stelle des Romans deutlich, der in diesem Ausschnitt gelesen wird. Für eine Einführung in die Charaktere des Romans und ihre Beziehungen empfehle ich zunächst die kurze Einführung vor der Lesung zu hören.
Was normalisiere ich im Lesen? Welche Annahmen habe ich, wenn ich über Beziehungen und geschlechtliche Zuordnungen lese? Wie kann ich mein Lesen queeren?
Von den Grenzen des Ausdrucks – Wortungen an Grenzen und darüber hinaus
Zur HörstationQueere Beziehungskonzepte – Beziehungskonzepte queeren
Zur HörstationStreit im Taxi
Zur Hörstation30.01.1999, Ort, Lesung „Lorem ipsum lara est“
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