Berlin auf den zweiten Blick - Wiedereinladung internationaler Autoren

19. Juni 1987
Literarisches Colloquium Berlin

Veranstaltungsort


Akademie der Künste, Berlin

Lesung: Alain Robbe-Grillet
Moderation: Wolfgang Trautwein

Weiterführende Informationen

Thema des Textes, den Alain Robbe-Grillet hier vorstellt, ist das apokalyptisch gesellschaftliche Chaos des Kriegsendes. So wird auch im Gespräch der Krieg aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Robbe-Grillet behauptet zum Beispiel, dass die Franzosen die Regierung von Vichy mit überwältigender Mehrheit begrüßt hätten - allein schon aus dem Umstand heraus, dass diese Militärverwaltung für die Beendigung der Kriegshandlungen verantwortlich gemacht wurde. Am Ende des Krieges hätte sich dann die Mehrheit plötzlich in glühende Gaullisten verwandelt.
Die Nähe des französischen Kleinbürgertums zur Rechten thematisiert Robbe-Grillet ebenfalls, gerade weil seine Eltern aus komplizierten Gründen "germanophil" waren. Der Vater beispielsweise mochte die Nazis als Vertreter einer gesamtgesellschaftlichen, europäischen Ordnung, wobei aber die väterliche Vorstellung von Ordnung sich aus den traumatischen Erfahrungen des ersten Weltkrieges speiste - und diffus gegenüber den aggressiven und chauvinistischen Bestrebungen der Nationalsozialisten bleiben musste. So sah die Begriffswelt des Vaters in "Ordnung" kein rigides und brutales Zwangssystem von Unterordnung, sondern eher eine Art Medizin gegenüber dem Pluralismus der Moderne.

 

Die deutsche Übersetzung von Robbe-Grillets Text liest Peter Fitz. Das Gespräch mit dem Autor wird komplett gedolmetscht von Odile Vassas.

Personen auf dem Podium