Studio LCB mit Aris Fioretos

13. Februar 2003
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Aris Fioretos
Gesprächspartner: Sigrid Löffler und Hanns Zischler
Moderation: Maike Albath

Programmtext

"Nun ist mir nur noch das Geschlecht geblieben", heißt es gleich zu Beginn des neuen Romans von Aris Fioretos, und schon stecken wir inmitten einer rätselhaften Geschichte. Die Kulisse ist Berlin im Sommer 1928: Kinos, Revuen und zwielichtige Etablissements, ein Ort, an dem auch der Filmvorführer Sascha Knisch eine Gefährtin für seine sexuellen Vorlieben findet. Als Dora plötzlich tot ist, wird Sascha des Mordes bezichtigt. Kommissar Manetti ermittelt, und Sascha gerät in die Fänge der obskuren Stiftung für Sexualforschung. Wie Aris Fioretos' erster Roman "Die Seelensucherin" (DuMont Verlag 2000) besticht auch "Die Wahrheit über Sascha Knisch" (aus dem Schwedischen von Paul Berf) durch seine Maskierungen: Zeitstudie mit stimmungsvollen Interieurs, Wissenschaftskrimi, Liebesgeschichte und eine Hommage an die Kraft der Imagination. Aris Fioretos, österreichisch-griechischer Herkunft und aufgewachsen in Göteborg, hat als Literaturwissenschaftler in den USA gearbeitet, Paul Auster, Friedrich Hölderlin und Vladimir Nabokov ins Schwedische übersetzt und mehrere Prosa- und Essaybände veröffentlicht. Im Studio LCB wird der in Berlin und Stockholm lebende Schriftsteller erstmals aus seinem neuen Roman lesen und mit dem Schauspieler Hanns Zischler und der Chefredakteurin der Zeitschrift "Literaturen" Sigrid Löffler über das Geheimnis des Geschlechtlichen und die Verführungskräfte der Phantasie diskutieren.

 

Weiterführende Informationen

Ein Themas der Sendung ist Fioretos multikulturelle Herkunft: in Stockholm aufgewachsen, der Vater Grieche, die Mutter Österreicherin. Maike Albath fragt, wie man sich diese Konstellation atmosphärisch vorstellen kann. Der Schriftsteller Fioretos spricht dann auch von der Aneignung Stocksholms durch die Literatur. Oder er sagt bewusst ironisch: Bezogen auf seinen familiären Hintergrund sei er eine genetische Korruption. "Wir sprachen zu Hause zu erst Deutsch", so Fioretos weiter, "dann aber Schwedisch. Ich habe meine Eltern sogar dazu gezwungen, mit mir Schwedisch zu sprechen." So wird das Skandinavische unmerklich zum Hauptthema des ersten Teil des Gesprächs. Das kann man auch gut an dem Beispiel ablesen, das Moderatorin Maike Albath zum Besten gibt: "Literaturen" habe Fioretos einmal nach Schweden geschickt, um seinen berühmten Landsmann Henning Mankell zu interviewen. Nach der Lesung dreht sich die Diskussion allerdings um einen anderen Themenkreis. Es geht im Großen und Ganzen um rassistisches und chauvinistisches Denken in der Wissenschaft und in der Kunst in der präfaschistischen Phase der frühen 30er Jahre in Berlin - gerade weil Fioretos neuer Roman diesen Aspekt thematisiert.

Personen auf dem Podium