Studio LCB mit Colm Tóibín

20. Juni 2005
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Colm Tóibín
Gesprächspartner: Ingeborg Harms und Tilman Krause
Moderation: Denis Scheck

Sobald alle Rechtsinhaber zugestimmt haben, wird diese Veranstaltung vollständig nachzuhören sein.

Programmtext

Ein Abend über Henry James - und über den irischen Schriftsteller Colm Tóibín, der James zur Hauptfigur seines bemerkenswerten neuen Romans "Porträt des Meisters in mittleren Jahren" (dt. Übersetzung von Giovanni und Ditte Bandini, erscheint bei Hanser) gemacht hat. Ein Roman, erzählt in Dichotomien: Leib versus Seele, Amerika versus Europa, Geschichte versus Gegenwart und nicht zuletzt die Lebenden versus die Toten. "Manchmal träumte er nachts von den Toten - vertrauten Gesichtern und den anderen, halb vergessenen, flüchtig heraufbeschworenen." So läßt der 1955 im County Wexford geborene Tóibín sein von der angelsächsischen Kritik hymnisch gefeiertes Werk beginnen. Colm Tóibín wurde in Deutschland vor allem mit seinen Romanen "Der Süden" und "Flammende Heide" bekannt. Der Autor liest aus "Porträt des Meisters in mittleren Jahren" - und diskutiert mit den Literaturkritikern und ausgewiesenen Henry-James-Kennern Ingeborg Harms und Tilman Krause.

 

Weiterführende Informationen

Colm Tóibín erläutert, worum es in seinem Roman "Porträt des Meisters in mittleren Jahren" geht. Hauptsächlich um den berühmten amerikanischen Schriftsteller Henry James. So geht es auch um die Frage, inwieweit die Kunst das Leben bestimmt. Und inwiefern die Homosexualität auf das Schaffen James' einwirkte. Das Spannende an Henry James, so der Schriftsteller einmal, sei seine Widersprüchlichkeit - deshalb habe er sich gut dramatisieren lassen. James Joyce, so Tóibín dann weiter, sei dagegen eine zu "klare Persönlichkeit" gewesen; was heißt, dass Joyce als Gestalt für eines Romans wenig tauglich sei. Aber auch über das heutige Irland - Colm Tóibíns Heimat - unterhalten sich die Teilnehmer. Wie war es im katholischen Irland in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgewachsen zu sein? Der Autor spricht da von einer "particulare experience" - und meint damit explizit seine in Irland verbrachte Jugend, in der er erst als 18-Jähriger das erste Mal einen Menschen nackt gesehen habe. Ob das gerade zur speziellen irischen Perspektive gehört, die Thema der Sendung ist, sei dahingestellt. Jedenfalls erklärt der Kritiker Tilman Krause noch, warum Henry James in Deutschland nicht gelesen würde. Und die Essayistin Ingeborg Harms erläutert die metaphysischen Aspekte von Tóibíns Beschäftigung mit dem amerikanischen Klassiker.

 

Hinweis: Die Sendung wird teilweise auf Englisch geführt. Denis Scheck fragt auf Deutsch, der Autor antwortet in seiner Muttersprache. Die deutsche Übersetzung des Romans wird von Ulrich Janetzki gelesen.

 

Personen auf dem Podium