Studio LCB mit Eugen Ruge

29. November 2011
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Eugen Ruge
Gesprächspartner: Eva Menasse und Gregor Gysi
Moderation: Maike Albath

Programmtext

"In Zeiten des abnehmenden Lichts" ist ein spätes Debüt und der große, soeben mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnete Überraschungserfolg dieses Herbstes. Der 1954 im Ural geborene und in Ost-Berlin aufgewachsene Mathematiker und Theatermann Eugen Ruge legt eine autobiographisch inspirierte Familiengeschichte vor, die vier Generationen umfasst und vom allmählichen Verblassen der sozialistischen Utopie erzählt. Die Großeltern kehren 1952 aus dem mexikanischen Exil in die DDR zurück und werden zu linientreuen Repräsentanten des Regimes. Der Vater Kurt übersteht das stalinistische Straflager in Workuta und kommt mit seiner russischen Ehefrau Irina nach Ost-Berlin, wo er als Historiker arbeitet, viele Privilegien hat und trotz gelegentlicher Zweifel der DDR die Treue hält. Sein Sohn Alexander geht auf Distanz, und der Enkel Markus empfindet seinen Stief-Urgroßvater Wilhelm als kurioses Fossil. Dreh- und Angelpunkt des spannungsreichen Romans ist der neunzigste Geburtstag Wilhelms am 1. Oktober 1989, der aus sechs verschiedenen Perspektiven geschildert wird und die vielen Schattierungen der DDR vermittelt. Ein Zeit-Prisma entsteht. Eugen Ruge diskutiert mit der Schriftstellerin Eva Menasse und dem Politiker Gregor Gysi über die Hinterlassenschaften der DDR und die Möglichkeiten, literarisch damit zu arbeiten.

Weiterführende Information

Eugen Ruge erhält für seinen Roman von den Gesprächsteilnehmern enthusiastisches Lob. Dem Autor sei es gelungen, anhand seiner Figuren das innere Gefüge der DDR darzustellen – so der Tenor der Debatten. Eva Menasse zeigt sich vor allem vom Humor und von der Struktur des Textes angetan. Dabei wird evident, dass die beschränkte Weltsicht der Figuren als Paradigma einer metaphysischen Kurzsichtigkeit des Menschen begriffen wird. Anders ausgedrückt: Die Starrsinnigkeit mancher Protagonisten erscheint dem Leser von Ruges Roman plausibel, weil die Schilderungen eben die Figuren in den Zwängen ihrer Zeit beschreiben. Gregor Gysi besticht in dieser Aufnahme durch Anekdotenreichtum – und erklärt am Ende der Studio-LCB-Sendung die Unterschiede der Kellnertätigkeit in sozialistischen und kapitalistischen Gesellschaften.

Personen auf dem Podium