Studio LCB mit Günter de Bruyn

16. Januar 1992
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Günter de Bruyn
Moderation: Hajo Steinert
Gäste: Friedrich Dieckmann, Manfred Jäger, Walter Höllerer

Weiterführende Informationen

"Zwischenbilanz" war ein viel beachteter Titel im Jahr 1992 - auch weil es im autobiographischen Text von de Bruyn um die Aufarbeitung zweier deutscher Diktaturen ging. Genauer: Um den Konflikt des Individuums mit wechselnden Gegebenheiten aus dem Geiste totalitärer und autoritärer Gesellschaftssysteme. Zum einen dreht sich hier die Diskussion um die Beschreibung und Bewertung der Vergangenheit - wie sahen beispielsweise die Bedingungen eines Autors in der DDR genau aus? Wie hat in den späten 40er und frühen 50er Jahren der alltägliche Sprachgebrauch angesichts eines rigiden Regimes ausgesehen? Zum anderen behandelt man die komplexe Einheitssituation und betrachtet sie u.a. auch als speziellen psychosozialen Moment. So interpretiert ein Teilnehmer sehr differenziert die kollektive Stimmung in Deutschland als intellektuelle Überforderung, die sich in einer übertriebenen "Schlechtgelauntheit" ausdrückt. Darin lässt sich schließlich der Charakter der Sendung ausmachen: Brücken werden geschlagen von der Vergangenheit zur Gegenwart. Dieses Changieren zwischen Gestern und Heute charakterisiert auch die Bewertung der Diskutanten von de Bruyns autobiographischem Text. Denn Walter Höllerer beispielsweise vermisst in der rein non-fiktionalen Herangehensweise der Beschreibung des eigenen Lebens vor allem literarische Mittel, die das Material gebrochen hätten - und verweist auf die "Jahrestage" von Johnson.

Programmtext

Günter de Bruyn publiziert im Frühjahr sein neues Buch "Zwischenbilanz. Eine Jugend in Berlin." im S. Fischer Verlag. 

Personen auf dem Podium