Studio LCB mit Mirko Bonné

15. Juli 2010
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Mirko Bonné
Gesprächspartner: Tilman Krause und Christoph Peters
Moderation: Maike Albath

Programmtext

Mirko Bonné erzählt in seinen Büchern von extremen Bewegungen im Raum. Der Roman "Ein langsamer Sturz" (2002) dreht sich um die Erfahrungen eines Mannes, der einen Flugzeugabsturz in der Türkei überlebt. Die zeitgenössische Abenteuergeschichte "Der eiskalte Himmel" (2006) hat die Südpolexpedition von Sir Ernest Shackleton zum Gegenstand, der sich kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges mit 28 Männern ins Ungewisse begibt. Bonnés Gedichtbände "Hibiskus Code" (2003) und "Die Republik der Silberfische" (2008) spannen ebenso leichthändig Assoziationsnetze wie seine gerade erschienenen Essays "Ausflug mit dem Zerberus" (2010). Ein Fluchtpunkt, der auch den Roman "Wie wir verschwinden" (2009) bestimmt, ist der französische Existenzialist Albert Camus. Ausgehend von Camus' Unfalltod am 4. Januar 1960 rollt Bonné die spannungsgeladenen Lebensgeschichten zweier Jugendfreunde auf. In "Ausflug mit dem Zerberus" bildet Camus ebenfalls ein Kraftfeld und steht neben der Figur eines Großonkels, der einerseits Kindheitserinnerungen wachruft und sich andererseits zu einer literarischen Imagination verselbständigt. Immer wieder geht es um die Möglichkeiten der Fiktion. Oft bilden dabei Notizen über besondere Orte den Ausgangspunkt: eine Walfangstation in der Antarktis, das Flat Iron Building in New York, die Falkland-Inseln, eine Amsterdamer Kneipe. Im Studio LCB diskutiert Mirko Bonné, der 1965 in Tegernsee geboren wurde und heute in Hamburg lebt, mit seinem Schriftstellerkollegen Christoph Peters und dem Literaturkritiker Tilman Krause (Die Welt) über aktuelle Formen des Erzählens und liest aus einem unveröffentlichten Text.

Weiterführende Informationen

Der Maler Philipp Otto Runge spielt in dieser Aufnahme der Studio-LCB-Lesung eine nahezu programmatische Rolle. Denn der 1777 geborene romantische Künstler beschäftigte nicht nur den Gastautoren des Abends, Mirko Bonnè, sondern auch - wie man hören kann - den Literaturkritiker Tilman Krause. Der Schriftsteller Christoph Peters hat Kunstgeschichte studiert: ergo erweist er sich ebenfalls als ein Kenner der Materie. Runge stammte aus einfachen Verhältnissen und verstarb 1810 mit gerademal 32 Jahren an Tuberkulose.
Aber es geht in dieser Diskussionsrunde nicht ausschließlich um den Maler, der neben Caspar David Friedrich als bedeutendster Künstler der deutschen Romantik gilt. Es geht um den Künstler als gesellschaftliche Figur. Man redet ausführlich über Albert Camus oder Vincent van Gogh, die in Mirko Bonnés Roman "Wie wir verschwinden" wesentliche Rollen spielen. Christoph Peters merkt subtil an, dass das Lebensende beider paradigmatischen Charakter gehabt hätte. Van Gogh sei an in seiner Passion für die Kunst "an sich selbst verbrannt". Sein Suizid sei der "tragische Tod", während der Autounfall Camus' der "absurde Tod" gewesen sei. Die Teilnehmer sprechen auch über die Arbeit des Künstlers in unseren heutigen Tagen; und Bonné berichtet einfühlsam und prägnant von seinen Arbeitsbedingungen.

Personen auf dem Podium