Studio LCB mit Paul Nizon

15. Juni 1995
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Paul Nizon
Moderation: Martin Lüdke
Gesprächspartner: Maria Gazzetti, Reinhard Lettau

Programmtext

Paul Nizon, 1929 in Bern geboren, lebt seit 1977 in Paris. Unter dem Titel "Die Innenseite des Mantels" publiziert er in diesem Herbst ein "Journal" mit Tagebuchaufzeichnungen, Reflexionen und Notizen aus den achtziger Jahren. Die Publizistin und Übersetzerin Maria Gazzetti war an der Auswahl und Zusammenstellung der Texte beteiligt, der Schriftsteller Reinhard Lettau ("Flucht vor Gäste", 1994) gehört zu den Bewunderern seines Schweizer Altersgenossen.

Weiterführende Informationen

Hier ist das Thema das literarische Tagebuchschreiben. Paul Nizon liest aus seinem Band "Die Innenseite des Mantels", einem Journal, welches in den achtziger Jahren geschrieben wurde. Die Lesung dauert fast eine Stunde. Selbst für Studio-LCB-Verhältnisse ist das rekordverdächtig. Der Hörer erfährt u. a. etwas über die Verhältnisse von Schweizer Schriftstellern - hauptsächlich Frisch und Dürrenmatt, wobei Nizon das Gewicht auf deren Beziehung zu Erfolg, Geld und Besitztum legt. Interessant ist auch Paul Nizons Auseinandersetzung mit der eigenen Libido. Peinlich oder - wie Reinhard Lettau betont - "Tabubruch"? Das Journal als literarisches Genre sowie der Buchtitel "Die Innenseite des Mantels" verweisen auf Nizons programmatischen Akzent, Leben und Schreiben miteinander in Einklang zu bringen. Anders ausgedrückt: Der Autor nutzt das eigene Erleben prononciert als literarischen Stoff. Wie kompliziert diese Arbeit sein kann, wird zu Beginn der Lesung deutlich. Der Schriftsteller berichtet: Zusammen mit Maria Gazetti sichtete er kritisch "tausende von Seiten". Am Ende stand eine Auswahl von knapp 300 Buchseiten zur Verfügung. "Allein hätte ich das nicht machen können", so Nizon. 

Personen auf dem Podium