Studio LCB mit Clemens J. Setz

15. Juni 2011
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Clemens J. Setz
Gesprächspartner: Jens Bisky und Jutta Person
Moderation: Hubert Winkels

Programmtext

Der Österreicher Clemens J. Setz ist achtundzwanzig Jahre alt und darf als interessantester jüngerer Erzähler der deutschsprachigen Literatur gelten. Etliche Kenner wussten um die Qualitäten des komplex und sprachlich furios operierenden Prosadichters seit Setz´ umfangreichem Roman "Die Frequenzen". Doch spätestens mit seinem Erzählungsband "Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes" (Suhrkamp), der in diesem Jahr den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen hat, ist der Name Clemens J. Setz ein Versprechen auf sprachlich gebannten Schrecken. Denn verlässlich, komfortabel, plausibel sind seine achtzehn sehr unterschiedlichen und unterschiedlich langen Geschichten nicht. Sie beben vor Horror und Hass, von Zärtlichkeit und Bosheit, vom Einbruch des Phantastischen und manchmal des blauen Wunders. Auch in der kurzen Form präsentiert sich Setz als scharfer Beobachter der menschlichen Natur und emphatischer  Porträtist ihrer Eigenarten.

Weiterführende Informationen

Diese Studio-LCB-Sendung ist ein Musterbeispiel für eine Lesung, in der ein junger, vielversprechender Autor vorgestellt wird. Der Österreicher Clemens J. Setz hat mit seiner ersten Veröffentlichung im Suhrkamp-Verlag - es ist sein drittes Buch - die Aufmerksamkeit der Literaturkritiker auf sich gezogen. Das Interesse der Feuilletonisten findet ihr Echo im ersten Drittel der Veranstaltung. Dabei wirkt die Debatte zunächst kokett, denn Moderator Hubert Winkels greift einen Aspekt der Rezensionen auf und fragt seine Gäste, ob der Autor "genialisch" sei. Die Rhetorik dient als Introduktion für den Versuch einer Festlegung der Texte Setz', die sich durch phantastische, surreale Elemente auszeichnen. Jens Bisky, der Feuilletonredakteur der Süddeutschen Zeitung, ordnet die Bücher des Grazer Schriftstellers der romantischen Tradition zu, verweist aber auf den spürbaren Einfluss von Computerspielen und Musik, der seiner Literatur eine besondere Note verleiht. Im Verlauf des Abends kommt man immer wieder auf diese zwei Schwerpunkte zu sprechen. Einmal spinnen Moderator und  Autor sogar die Ausgangssituation von Setz' Roman "Die Frequenzen" weiter. Die bekannte Geschichte vom Mann, der seiner Frau erzählt, er gehe Zigaretten holen und schließlich nie wiederkehrt, erfährt hier eine Wendung, die an die Harry-Potter-Romane erinnert.
Dass der Autor musikalische Verarbeitungsmethoden schätzt, wird deutlich an einem Kommentar Setz' zu Getrude Stein. Er beschreibt die nordamerikanische Avantgarde-Klassikerin, deren literarisches Wirken hauptsächlich in die 20er und 30er Jahre fiel, als "das größte Genie der Monotonie". Diese rätselhafte Aussage erläutert der Österreicher ausführlich, wobei erkennbar wird, wie stark Clemens J. Setz von der Berührung mit jeglichem literarischen Material affiziert wird. Musik hört man auf dieser Aufnahme auch: Etwa bei der 15. Minute im ersten Track kann man den Autor singen hören.

Personen auf dem Podium