Studio LCB mit Helmut Böttiger

26. März 2013
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Helmut Böttiger
Gesprächspartner: Ursula März, Lothar Müller
Moderation: Denis Scheck

Sobald alle Rechtsinhaber zugestimmt haben, wird diese Veranstaltung vollständig nachzuhören sein.

Programmtext

"Früher war mehr Lametta": Diese Loriotsche Erkenntnis gilt im literarischen Zusammenhang insbesondere immer dann, wenn von der Gruppe 47 die Rede ist. Früher, zu Zeiten der von Hans Werner Richter ins Leben gerufenen Gruppe 47, war alles besser: die Literatur besaß größere Bedeutung, entfaltete stärkere gesellschaftliche Wirkmächtigkeit und ästhetische Debatten erreichten nicht nur germanistische Oberseminare, sondern jeden bundesrepublikanischen Pausenhof. Der Berliner Literaturkritiker Helmut Böttiger hat 65 Jahre nach der Gründung der Gruppe 47 die erste Gesamtdarstellung der Gruppe geschrieben, die mit Günter Grass und Heinrich Böll zwei Literaturnobelpreisträger hervorgebracht hat und der von Ingeborg Bachmann bis Hans Magnus Enzensberger, von Marcel-Reich-Ranicki bis Walter Höllerer alle anzugehören schienen, die Rang und Namen im Literaturbetrieb hatten: "Die Gruppe 47. Als die deutsche Literatur Geschichte schrieb" (DVA). An die Erinnerung an die Gruppe 47 knüpfen sich einige äußerst gegenwartsnahe Fragen: Wie steht es heute um Literatur und Kritik, um den gesellschaftlichen Stellenwert von Autoren und Kritikern, um die Erwartung an Autorengruppen als Ratgeber in Fragen von Moral, Ethik und Ästhetik? Im "Studio LCB" wird Helmut Böttiger einige Passagen aus seinem Buch lesen und im Gespräch mit den Literaturkritikern Ursula März und Lothar Müller über "die Erfindung des deutschen Literaturbetriebs" diskutieren.

Weiterführende Information

Ein spekulativer Gedanke von Lothar Müller wirft ein gutes Licht auf den Charakter dieser literarischen Runde. Auf einer jedermann wahrnehmbaren Ebene geht es hier um die Geschichte der Gruppe 47. Somit ist diese Veranstaltung auch um die Darstellung der Organisationsformen deutscher Intellektueller nach den Verwüstungen des Krieges bemüht. Unterhalb dieser Ebene aber befinden sich Muster, die dem kundigen Zuhörer vertraut vorkommen müssen. Denn alles dreht sich um den Literaturbetrieb. Seiner Allgegenwärtigkeit gehen die Teilnehmer auf dem Grund – und machen die Wurzeln in der Gruppe 47 aus. Diese Methode aber gibt das historische Geschehen in polarisierendem Licht wieder. Schnell werden die Biographien unter der Beleuchtung „hell“ oder „dunkel“, „schwarz“ oder „weiß“ betrachtet. Genau auf diese Neigung verweist Lothar Müller. Bei genauer Betrachtung kann man nicht umhin, zu bemerken, dass die Biographien eines Hans Werner Richter oder einer Ingeborg Bachmann eben nicht allein auf „schwarz“ oder „weiß“ zulaufen, sondern sich oftmals mehr in Grautönen abgespielt haben. Um diese feinen Differenzen geht es hier.Helfen

Personen auf dem Podium