Studio LCB mit Navid Kermani

20. März 2007
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Navid Kermani
Gesprächspartner: Ina Hartwig und Marius Meller
Moderation: Hubert Winkels

Programmtext

Navid Kermanis intellektuelle Entwicklung ist von beeindruckender Vielfalt. Der 1967 als vierter Sohn iranischer Eltern in Siegen geborene Kermani arbeitete schon während des Studiums als Journalist, dann als Theaterdramaturg, später auch als Regisseur. Im iranischen Isfahan baute er ein Kulturzentrum mit auf. Er schrieb Literaturkritiken und Reportagen, vor allem aus der islamischen Welt, arbeitete wissenschaftlich über den Koran und seine Auslegung, war Fellow am Wissenschaftskolleg in Berlin, schrieb Bücher zu religiösen und philosophischen Themen, und vor allem: Er schrieb schöne Literatur, zuletzt die Erzählungssammlung "Du sollst". Jetzt erscheint im Zürcher Ammann Verlag Navid Kermanis erster Roman mit dem Titel "Kurzmitteilung", der sich mit der Erfahrung des Todes eines nahen Menschen auseinandersetzt, und insofern auch an Navid Kermanis vorletztes Buch "Der Schrecken Gottes. Attar, Hiob und die metaphysische Revolte" anknüpft. Navid Kermani liest aus "Kurzmitteilung", im Gespräch wird seine Arbeit im weiteren Kontext diskutiert. Gesprächspartner sind die Literaturredakteurin Ina Hartwig und der Essayist und Kritiker Marius Meller.

Weiterführende Informationen

Zu Beginn spricht Hubert Winkels den Autor auf sein umfangreiches Werk an. Er sei ja in vielen Genres beheimatet, so Winkels, aber in welchem halte er sich am liebsten auf? Zwar berichtet Navid Kermani dann von seiner Lust, demnächst Reportagen zu schreiben - aber das Stichwort Heimat lenkt das Gespräch schließlich auf die Situation deutschsprachiger Autoren mit Migrationshintergrund. Von seinem iranischen Elternhaus, so erzählt Kermani u. a., habe er die europäische Kultur nicht vermittelt bekommen. Diese Vermittlungsarbeit hätten seine älteren Brüder eher übernommen. Aber auch von seiner ehemaligen Wissenschaftskarriere als Orientalist berichtet der Schriftsteller - und von seinen Erlebnissen mit Annemarie Schimmel, die 1995 den Friedenspreis des Buchhandels erhielt und dann mit ihren befremdlichen Äußerungen zu Salman Rushdie und der ihm verhängten mörderischen Fatwa einen Skandal verursachte. Kermani meint dazu: Frau Schimmel sei eine eindrucksvolle Intellektuelle gewesen, wirke aber gleichzeitig wie eine Figur aus dem 19. Jahrhundert, die vor dem Mikro all das sagte, was man in der Öffentlichkeit nicht sagen sollte.

Personen auf dem Podium