Studio LCB mit Péter Esterházy

21. November 2001
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Péter Esterházy
Gesprächspartner: Ilma Rakusa und Urs Widmer
Moderation: Denis Scheck

Sobald alle Rechtsinhaber zugestimmt haben, wird diese Veranstaltung vollständig nachzuhören sein.

Weiterführende Informationen

Im ersten Teil der Sendung geht es um das Leben in Ost-Berlin in den 70er und 80er Jahren aus der Perspektive junger Ungarn. Diese Erinnerungen werden allerdings immer wieder durchbrochen durch Berichte, die zeitlich eindeutig nach dem Mauerfall einzuordnen sind. Zum Beispiel erzählt Péter Esterházy wie er seine Kinder einmal zum ehemaligen Berliner Grenzübergang 'Checkpoint Charlie' brachte und versuchte, ihnen den Ost-West-Konflikt und den Kalten Krieg zu erläutern. "Und die haben das alles nicht verstanden", so der ungarische Schriftsteller. "Das war zu kompliziert." Er schweigt daraufhin ein paar Sekunden lang, um dann mit sanfter Ironie zu ergänzen: "Das war auch zu kompliziert!"
Im zweiten Teil des Gesprächs - nach der Lesung - steht schließlich die Vaterthematik des Romans im Mittelpunkt der Diskussion. In "Harmonia Caelestis" dreht sich die Handlung um die lange, verwickelte, mit Traditionen beladene Familiengeschichte der Esterházys. Einmal erläutert der ungarische Autor seine prominent-adlige Abstammung: "Alle haben ja einen Vater, der von einem Vater abstammt, der dann wieder eine Vater hat usw." Wieder hält er kurz inne, um mit sanfter Ironie ein Strukturmerkmal von Privilegien der Adligen zu kommentieren: "Das ist ja bei allen gleich, nur manche haben eben Dokumente darüber."

Programmtext

"Für mich ist alles Familiengeschichte", schrieb Péter Esterházy einmal in einem frühen Roman. Mit vollem Namen heißt der 1950 in Budapest geborene Schriftsteller und Mathematiker Péter Graf Esterházy, Freiherr von Galantah, Erbgraf zu Forchenstein, Herr auf Csákvár und Gesztes - und tatsächlich fällt seine Familiengeschichte über die letzten Jahrhunderte hinweg fast in eins mit der Geschichte seiner ungarischen Heimat. "Dieser Tag ist ein Festtag für die europäische Literatur" erklärte die SZ zum Erscheinen von Esterházys monumentalen Familienroman "Harmonia caelestis"(aus dem Ungarischen von Terézia Mora, Berlin Verlag), aus dem der Autor lesen wird. Er wird mit den Schweizer Autoren Ilma Rakusa und Urs Widmer die Frage diskutieren, wie aus dem unentrinnbaren Gefängnis der Abstammung ein Raum größter literarischer Freiheit werden konnte.

Personen auf dem Podium