Die Liebesgeschichtenerzählerin

15. März 2016
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Friedrich Christian Delius
Gesprächspartnerin: Katharina Hacker

Programmtext

Friedrich Christian Delius, Büchnerpreisträger 2011, ist vielleicht der genaueste Chronist der Bundesrepublik. Seine Trilogie zum deutschen Herbst wird zu recht viel gerühmt. Ein Strang seines Werks nährt sich aus seiner Biografie, etwa „Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde” oder „Amerikahaus und der Tanz um die Frauen“, das in das Berlin der sechziger Jahre zurückführt. Sein neuer Roman „Die Liebesgeschichtenerzählerin“ (Rowohlt Berlin) erzählt, angelehnt an die bewegte Geschichte seiner Familie, wieder aus den sechziger Jahren, reicht aber weit zurück in das 19. Jahrhundert. Eine Frau, für ein paar Tage frei von Pflichten, Mann und Kindern, fährt im Januar 1969 von Den Haag über Amsterdam nach Frankfurt. Drei Liebesgeschichten aus den Zeiten der Kriege und Niederlagen gehen ihr durch den Kopf: ihre eigene, die ihrer Eltern, die einer Vorfahrin während der napoleonischen Kriege. Davon möchte sie erzählen, aber die Geschichten und Leben verflechten sich immer mehr: ein König, der die modernen Niederlande aufbaut; seine uneheliche Tochter, die in eine mecklenburgische Adelsfamilie gezwungen wird; ihr Urenkel, der als kaiserlicher U-Boot-Kapitän die roten Matrosen von Kiel überlistet, seiner schwarzen Seele entkommen möchte und zum Volksprediger wird; seine Tochter – die reisende Erzählerin selbst –, die ein gutes deutsches Mädel und trotzdem gegen die Nazis sein wollte und nun im Schreiben Befreiung sucht neben einem Mann, lächelnder Gutsbesitzerssohn und Spätheimkehrer, der sich allmählich von ihr entfernt. Mit Friedrich Christian Delius spricht die Schriftstellerin Katharina Hacker.

Personen auf dem Podium