O-Ton der Geschichte

03. März 2016
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung und Gespräch: Swetlana Alexijewitsch
Moderation: Elisabeth Ruge
Übersetzung: Ganna-Maria Braungardt
Deutsche Lesung: Janine Meißner

Programmtext

Swetlana Alexijewitsch wurde 1948 geboren, über ihre Herkunft schreibt sie: „Ich habe drei Zuhause: Meine weißrussische Heimat, das Land meines Vaters, wo ich mein ganzes Leben verbracht habe, die Ukraine, die Heimat meiner Mutter, wo ich geboren bin, und die große russische Kultur, ohne die ich mir mich nicht vorstellen kann.”

Ihre dokumentarische Prosa kreist um das Schicksal der Menschen in der Sowjetunion: die Katastrophen des Zweiten Weltkriegs, den Afghanistan-Krieg („Zinkjungen”, 1992), die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl, die postsowjetischen Zustände („Secondhand-Zeit. Leben auf den Trümmern des Sozialismus”, 2013). Ihr Material gewinnt sie aus einer Vielzahl von Gesprächen und Interviews, die sie literarisch formt und zu einer Komposition verdichtet: „Flaubert nannte sich einen Mann der Feder, ich kann von mir sagen, ich bin ein Mensch des Ohres. Wenn ich die Straße entlang gehe und Worte, Sätze, Ausrufe aufschnappe, denke ich immer: Wie viele Romane doch spurlos in der Zeit untergehen. Im Dunkel. Einen Teil des menschlichen Lebens, den mündlichen, konnten wir nicht für die Literatur erobern. Wir haben ihn bisher nicht geschätzt, nicht bestaunt, nicht bewundert. Mich aber hat er in seinen Bann geschlagen und gefangengenommen. Ich liebe es, wie Menschen sprechen … Ich liebe die einzelne menschliche Stimme. Das ist meine größte Liebe und Leidenschaft.” Es ist die Wucht einer allgemein existentiellen Erfahrung, die sich in ihren Texten manifestiert und Leserinnen und Leser in aller Welt fasziniert. Elisabeth Ruge, Autorin, Literaturagentin und langjährige Verlegerin (Berlin Verlag, Hanser Berlin) der Werke Swetlana Alexijewitschs in Deutschland, spricht mit der Nobelpreisträgerin.

Personen auf dem Podium