Studio LCB mit Eva Demski

21. Februar 2006
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Eva Demski
Gesprächspartner: Hermann Beil und Anne Chaplet
Moderation: Maike Albath

Programmtext

Teilhabe an der Wirklichkeit und Schreiben sind für Eva Demski ein und dasselbe. Seit ihrem Debüt mit dem Roman "Goldkind" (1979) hat die 1944 in Regensburg geborene Wahlfrankfurterin, die ihre Karriere als Mitarbeiterin der städtischen Bühnen in Frankfurt begann, später Journalistin wurde und bis heute Fernsehdokumentationen als Ausdrucksform nutzt, die Zeitgeschichte mit ihren Widersprüchen zum Gegenstand ihrer Werke gemacht. Nach ihren ersten beiden Büchern, in denen sie von typischen Schicksalen der Nachkriegszeit erzählt, trifft sie mit dem Roman "Scheintod" (1984) in eines der Schmerzzentren der jungen Bundesrepublik: Demski macht den plötzlichen Tod ihres Mannes, des Rechtsanwalts Reiner Demski, Verteidiger zahlreicher RAF-Terroristen, zum Ausgangspunkt einer Suche nach der Identität des Verstorbenen und liefert eine prägnante Studie des linken Milieus. Essays und poetologische Texte gehören ebenso zu ihrem Werk wie Reisebeschreibungen über Venedig, Lesbos oder das Donaudelta. Schauplatz ihres jüngsten Romans "Das siamesische Dorf", der im Frühjahr bei Suhrkamp erscheint, ist Thailand. Eine Journalistin reist mit einem Photographen in ein Touristendorf und soll über das Ferienparadies zivilisationsmüder Europäer berichten. Aber so idyllisch wie überall beschworen scheint es dort nicht zuzugehen: der mysteriöse Tod zweier Frauen wirft Fragen auf, und nach und nach kommen die beiden Rechercheure den Eigenarten Asiens auf die Spur. Mit der Krimiautorin Anne Chaplet und dem Dramaturgen Hermann Beil diskutiert Eva Demski über ihre Arbeit und ihr neues Buch.

 

Weiterführende Informationen

In der ersten Hälfte der Sendung unterhält sich Maike Albath mit ihren Gästen über die Stadt Frankfurt am Main und die Mentalität ihrer Einwohner in den 70ern. In der zweiten Hälfte thematisiert man die Situation in Thailand nach dem verheerenden Tsunami im Dezember 2004. Das scheint ein ziemlich großer Sprung zu sein, liegt aber nahe, weil Eva Demski zum einen seit über 20 Jahren in Frankfurt lebt, zum anderen ihr Roman "Das siamesische Dorf" in Thailand spielt. Als einen intelligenten, spannenden und witzigen Krimi bezeichnen unisono Hermann Beil und Anne Chaplet Demskis Buch - und sie sind sich auch rasch darüber einig, dass die Debatte über die unterschiedliche Wertigkeit von U und E "für die Katz" sei. Überhaupt sei Unterhaltung das erstrebenswerte Ziel in der Literatur, so die Diskutanten abschließend. Dazu passt ebenfalls Demskis trockene Aussage, für die Unsterblichkeit sei sie zu alt. Aber hauptsächlich kreisen die Teilnehmer um die Befindlichkeiten in der kulturellen Produktion nach 68 - z. B. beleuchten sie die hessische Theaterszene von damals. Oder sie sprechen über die gesellschaftlichen Veränderungen im südostasiatischen Raum nach der Flutwellenkatastrophe.

Personen auf dem Podium