Studio LCB mit Ingomar von Kieseritzky

26. Februar 1992
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Ingomar von Kieseritzky
Moderation: Hajo Steinert
Gesprächspartner: Friederike Roth, Günter Franzen und Günther Rücker

Weiterführende Informationen

Kieseritzkys Text, den er in dieser Studio-LCB-Aufnahme vorstellt, spielt in einem imaginären England des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Im Mittelpunkt stehen Intellektuelle, die im Stil und Klassen-Jargon ihrer Zeit die Probleme des Essayschreibens erörtern (Wie schreibt man einen Essay? Was behandelt man in einer Abhandlung?). Aber es geht in Kieseritzkys Text vor allem um das Alter und den Tod. So thematisiert der Autor geschickt ein Problem jener Epoche, das heutzutage nicht mehr im Bewusstsein zu sein scheint: Es geht um die schwierige Frage des Zahnersatzes. Kieseritzky lässt Berichte über die Produktionsbedingungen der Prothesenherstellung vor 200 Jahren mit einfließen (sogenannte Spezialisten gingen einfach auf die Schlachtfelder und entnahmen den toten Soldaten ihre Zähne). Der ganze Text, der an Erzählungen von Lettau erinnert, entfacht eine Kontroverse zwischen Günther Rücker und den anderen Teilnehmern. Rücker hält den Text für "aussagefrei", ja sinnlos - ergo spiegelt sich hier der klassische Vorwurf an manche literarische Texte wieder, sie seien manieriert und verlangten vom Leser ein Übermaß an Bildung (letzteren Punkt betont Rücker zwei Mal). Die Lyrikerin Friederike Roth hält Rücker vor, dass er das spielerische Potential des Romanbeginns nicht aufzugreifen verstehe, sondern sich vor ihm verschließe.

Anmerkung: Der Roman "Schmuckeremiten" ist bis heute unveröffentlicht geblieben.

Programmtext

Von Ingomar von Kieseritzky erschien zuletzt "Der Frauenplan. Etüden für Männer" bei Klett-Cotta. 

Personen auf dem Podium