Studio LCB mit Jürgen Neffe und Reiner Stach

23. Oktober 2008
Literarisches Colloquium Berlin

Abenteuer des Lebens, Jahre der Erkenntnis: Darwin und Kafka in neuen Biographien
Jürgen Neffe und Reiner Stach in Lesung und Gespräch
Gesprächspartnerin: Sigrid Löffler
Moderation: Denis Scheck

Sobald alle Rechtsinhaber zugestimmt haben, wird diese Veranstaltung vollständig nachzuhören sein.

Programmtext

Zwei Biographen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: der eine Biograph beugt sich methodisch über Texte, Tagebücher, Briefe und erarbeitet in einem hermeneutischen Prozess das Leben "seines" Autors Franz Kafka; der andere setzt ganz auf Empirie, will sehen, fühlen, was sein Vorgänger gesehen und gefühlt hat, reist auf den Spuren der "HMS Beagle" nach und versucht auf diese Weise, die Lebensgeheimnisse Charles Darwins zu enträtseln. Der in diesem Kafka-Jahr enthusiastisch gefeierte Literaturwissenschaftler Reiner Stach und der durch seine Einstein-Biographie bekannt gewordene Wissenschaftsjournalist Jürgen Neffe, der zur Buchmesse eine Lebensbeschreibung über Charles Darwin vorlegt, stellen ihre aktuellen Buchprojekte vor und diskutieren mit der Literaturkritikerin Sigrid Löffler über den Zusammenhang von Leben und Literatur, über Trends und Moden des Biographismus sowie über die Frage, ob und wie der biographischen Wahrheit eines Menschen auf die Spur zu kommen ist.

Weiterführende Informationen

Sind Biographien heutzutage nicht so etwas wie die Wohlfühlbücher des Buchmarktes, fragt Denis Scheck eingangs. In gewisser Weise ja, so der Darwinbiograph Jürgen Neffe. Das hänge damit zusammen, so führt er aus, dass jeder seinen Einstein im Kopf habe. Reiner Stach, dessen zweibändige Biographie über Franz Kafka große Beachtung fand, ergänzt, dass man als Biograph nicht zu vertraulich sein dürfe gegenüber der Persönlichkeit, die man porträtiere, und dem Leser. Und die Literaturkritikerin Sigrid Löffler erläutert, dass es einen naiven Zugang zu Biographien gäbe. Viele glaubten nämlich, hier würden sie erfahren, wie es wirklich war. Wie sieht eine gute Biographie aus? Das ist das Thema der Aufnahme. Denis Scheck fragt ferner, ob denn so ein voyeuristisches Element nicht legitim bei der Darstellung eines berühmten Menschen sei. Brauche man nicht eine gewisse Kumpelhaftigkeit, eine Art freundliches Vom-Sockel-holen? Was Stach und Neffe dazu sagen haben, und ob es gut ist, mit Franz Kafka per Du zu sein, erfährt man in dieser Aufnahme. Erstaunlich ist schließlich, dass Sigrid Löffler nicht nur den Schriftsteller Franz Kafka als Stubenhocker bezeichnet, sondern auch Charles Darwin, der immerhin fünf Jahre ohne Unterbrechung auf Reisen in unbequeme Gegenden war.

Personen auf dem Podium