Studio LCB mit Katharina Hacker

19. Januar 2010
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Katharina Hacker
Gesprächspartner: Jürgen Neffe und Oliver Jahraus
Moderation: Maike Albath

Weiterführende Informationen

Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen zwei Aspekte: Zum einen die besondere Form des Romans "Alix, Anton und die anderen", mit einbeziehend die Machart, die in der Typographie zum Ausdruck kommt: Der Roman ist nämlich zweispaltig gesetzt. Hacker wechselt häufig die Perspektiven, benutzt mal einen auktorialen, dann wieder einen Ich-Erzähler. Zum anderen fasziniert die Teilnehmer die Gegenwärtigkeit von Hackers Gesellschaftsroman. Besonders gelungen halten sie schließlich die Thematisierung sozialer Phänomene, wie z. B. die Kinderlosigkeit heutiger Paare. Gerade da erweise sich Hackers Darstellung als subtil, weil sie zeitgenössische Problemfelder als relevante sozio-historische Brüche zu beschreiben wisse, so betonen beide Gäste, die sich ohnehin von Hackers Buch sehr angetan zeigen. Jürgen Neffe spricht sogar von einem "Epochenroman". Aber es gibt auch Kritik. So wird erörtert, ob es nicht zu viele Figuren gibt.
Des Weiteren streift man Katharina Hackers Werdegang, wobei ein starker Akzent auf ihre Jahre in Israel gelegt wird, und die Frage, warum Hacker, deren Roman noch bei Suhrkamp publiziert wurde, nun zum S. Fischer Verlag wechselt. Wieso "Alix, Anton und die anderen" der Beginn eines größeren Projektes ist, ist auch Thema der Sendung.

Programmtext

Sie heißen Alix, Anton, Jan und Bernd, wohnen in Berlin-Schöneberg, bilden eine Wahlfamilie und führen ein Leben, wie es typisch zu sein scheint für die Generation der Mittvierziger. Sie arbeiten als Ärzte, Psychoanalytiker, Buchhändler oder Grafiker, haben keine Kinder, treffen sich ein Mal im Monat bei Alix' alten Eltern in einer Villa am Schlachtensee und realisieren nach und nach die Zerbrechlichkeit ihrer Lebensentwürfe. Todesfälle bestimmen untergründig ihre Schicksalslinien, und immer wieder stellt sich die Frage nach schuldhafter Verstrickung. Katharina Hacker, 1967 in Frankfurt am Main geboren, 2006 für "Die Habenichtse" mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet, entwickelt ihren neuen Roman "Alix, Anton und die anderen" auf zwei Ebenen. Das erzählerische Prinzip spiegelt sich in der Buchgestaltung: Der größer gedruckte Haupttext wird flankiert durch eine zweite Spalte, in der sich die Geschichte fort spinnt und die überraschende Blickwinkel auf den ersten Strang eröffnet. Weitere Figuren brechen die Beziehungen innerhalb der eingeschworenen Gemeinschaft auf. Es zeigt sich, dass auch die vietnamesischen und türkischen Einwandererfamilien nach bestimmten Gesetzen funktionieren. In "Alix, Anton und die anderen", das den Auftakt zu einem groß angelegten Romanprojekt bildet, unternimmt Katharina Hacker den aufregenden Versuch, eine Geschichte anders zu erzählen und stellt wie in jedem ihrer Bücher ihr Gespür für zeitgenössische Themen und Formen unter Beweis.

Personen auf dem Podium