Debütanten: Schöne neue Arbeitswelt
01. Oktober 2001
Literarisches Colloquium Berlin
Lesung: Joachim Bessing und Rainer Merkel
Moderation: Dirk Knipphals
Programmtext
Joachim Bessing, Mitglied des pop-kulturellen Quintetts „Tristesse Royale“, hat seinen ersten Roman vorgelegt. „Wir Maschine“ (DVA 2001) erzählt die von vielen Nebenfiguren begleitete Geschichte eines jungen Mannes, der von einer etwas älteren Frau nicht nur in das Berufs-Leben eingeführt, dann aber rasch wieder fallengelassen wird. Der heillos schöne Schein bestimmt das Bewußtsein der Protagonisten. Bissig, hin und wieder pathetisch, jederzeit sarkastisch entwirft der Autor das Porträt einer von Überdruß und Egoismus, Karrieregelüsten und Wirklichkeitsfluchten bestimmten Menschenwelt, in der sich alles um sex and drugs, um Glamour und Geld zu drehen scheint.
Auch in Rainer Merkels bereits mit dem Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung ausgezeichneten Debüt „Das Jahr der Wunder“ (S.Fischer 2001) stehen - allerdings mit anderen Schwerpunkten und ironischen Zwischentönen - Fragen nach dem Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, privatem Glück und öffentlicher Anerkennung, schöner neuer Medienwelt und uraltem Erfolgsdruck im Vordergrund des abgründigen, sehr stilsicher präsentierten Geschehens. Beide Texte führen auf ganz eigene Weise ins Zentrum der Jetzt-Zeit bzw. des Lebensgefühls (mehr oder weniger) aufgeweckter Zeitgenossen: „In every dream home a heartache“ (Bryan Ferry).