„Der Gott hinter dem Fenster“

30. November 2015
Deutsches Literaturarchiv Marbach

Lesung: Michael Krüger
Moderation: Jan Bürger

Programmtext

Am 30. November liest Michael Krüger aus seinem neuen Erzählungsband „Der Gott hinter dem Fenster“ (Moderation: Jan Bürger). „Sie alle finden sich früher oder später an dem Punkt wieder, an dem die Wirklichkeit den Blick freigibt auf ihre Bodenlosigkeit“. 

Weiterführende Informationen

Zunächst liest Michael Krüger seine autobiographisch gefärbte Erzählung „Das Glasauge“. Darin erinnert er sich an die frühe Kindheit in den ersten Nachkiegsjahren auf dem großelterlichen Bauernhof – nur dass dieser nun von der Roten Armee akquiriert wurde. Der kleine Junge, der „eine gewisse Ähnlichkeit“ mit dem Autor besitzt, muss mit seinen Großeltern zusammen in einem Dachzimmer leben. Michael Krüger evoziert, streng aus der Kinderperspektive erzählt, eine untergegangene Welt und eine Welt des Untergangs, die der Junge durch die Augen des Großvaters sieht, den die Kriegserlebnisse in Russland, die Enteignung des sächsischen Familienguts und der Verlust seines Tätigkeitsfeldes, der Landwirtschaft, haben schwermütig werden lassen. Er wird dem Kind zum archaischen Helden, bis schließlich die auf das Minimum eines Dachzimmers geschrumpfte, gutsherrliche Stube durch das erinnerungsversunkene Pfeiferauchen des Großvaters in Flammen aufgeht. 
Das Gespräch zwischen Jan Bürger und Michael Krüger dreht sich einleitend um die Stellung der Erzählungen in Krügers Werk. Anschließend berichtet Michael Krüger von seiner Kindheit und deckt peu à peu in assoziativer Verknüpfung große Teile seines Lebens ab. Aus dem Abend wird so eine Erzählstunde im besten Sinne. Die abschließende Erzählung „Der Baumumarmer“ ist letztlich eine Meditation über Altersmelancholie und die Brüchigkeiten eines immer drängender werdenden Transzendenzbezugs.

Personen auf dem Podium