Die Leinwand
14. April 2010
Literarisches Colloquium Berlin
Lesung und Gespräch: Benjamin Stein
Moderation: Ijoma Mangold
Programmtext
„Ich bin nicht Stiller“, so beginnt der berühmte Roman von Max Frisch. Sein Theaterstück „Biografie: Ein Spiel“ könnte das Motto des fulminanten Doppelromans „Die Leinwand“ des Münchener Schriftstellers Benjamin Stein sein. Denn in der „Leinwand“ dreht sich alles um die Wahrhaftigkeit von Literatur, um die Schwierigkeit eine Identität zu erlangen und um biographische Glaubwürdigkeit in der Fiktion und in der Realität. Stein erzählt die Geschichten von Amnon Zichroni und Jan Wechsler, beide leben streng nach jüdischen Vorschriften und beider Leben ist rätselhaft miteinander verknüpft. Das Buch kann man von hinten und vorne zu lesen beginnen oder sich abwechselnd Kapitel um Kapitel in die beiden erzählten Biographien vorarbeiten. Wie ernst es Stein dann aber bei allem ist, lässt sich aus dem Wechslerteil des Buches ersehen, wenn er aus Ostberliner Sicht schildert, dass es bei den Zusammenkünften in der Synagoge weniger um Religion als um die mühsame Suche nach Identität ging. Dem gegenüber steht das Zitat eines westdeutschen Autors, der sagte, dass die jüdische Identität in Westdeutschland nur zwei Anker hatte: Israel und Auschwitz. „Die Leinwand“ ist aber auch ein ganz gegenwärtiger Zeitroman, der viel vom jüdischen Leben in Europa, Israel und den USA erzählt. Durch den Abend führt der stellvertretende Chef des Feuilletons der Wochenzeitung DIE ZEIT Ijoma Mangold.