Studio LCB mit Bodo Kirchhoff
21. August 2001
Literarisches Colloquium Berlin
Lesung: Bodo Kirchhoff
Gesprächspartner: Christoph Buchwald und Gabriele Killert
Moderation: Hubert Winkels
Programmtext
Bodo Kirchhoff ist einer der wichtigsten deutschen Schriftsteller der mittleren Generation. Mit seinen Erzählungen, Theaterstücken und Romanen hat er bereits früh die literarischen Mythen von Selbstausdruck und Authentizität zerstört und sich der Sprache als Produktionsgrund von Selbstbildern zugewandt. Weder neuer Subjektivitist, noch Strukturalist, noch postmoderner Spieler hat Kirchhoff einen ganz eigenen Ort jenseits der Moden besetzt. Mit den Titeln seiner ersten Bücher - der Novelle "Ohne Eifer, ohne Zorn" von 1979 und "Body Building" von 1980 - konnte man bereits tiefer in die literarische Welt Bodo Kirchhoffs eindringen. Scheiternde Kommunikation und Sinndefizite lassen die Helden an imaginären Körperbildern arbeiten. Nach und nach erweiterte Kirchhoff die erzählerischen Felder. In "Zwiefalten" reist der Held um die Welt, "Infanta" schließlich, der große Roman aus dem Jahr 1990, spielt auf einer philippinischen Insel. Und hier erweitern sich auch Erzählerinstanz und Perspektiven. Die Außenwelt wird reicher, die Geschehnisse bekommen ein eigenes Recht, die Hauptfigur wird von vielen Seiten gesehen und so erst erschaffen. Bodo Kirchhoff ist mit "Infanta" in die Sphäre der großen Romanliteratur eingetreten. Und mit seinem neuen Roman "Parlando" (Frankfurter Verlagsanstalt), aus dem der Autor an diesem Abend lesen wird, knüpft er an dieses Erzählen aus Fülle und Überfluß an, ohne seine ursprünglichen Motive aufzugeben.
Weiterführende Informationen
Warum hat der Schriftsteller Bodo Kirchhoff nach so vielen Jahren der Verlagstreue den Suhrkamp Verlag verlassen? War die Freundschaft mit Joachim Unseld, der die Frankfurter Verlagsanstalt leitet, dafür verantwortlich? Wieso ist Kirchhoff die Vater-Sohn-Beziehung als Thema so wichtig? Weshalb gilt der Autor in den Augen der Kritiker als Spezialist für die Einsamkeit der Männer? Ist Bodo Kirchhoff in der Lage, Sex besonders natürlich zu schildern? Warum hat er so ein Faible für die Reportage als literarische Gattung? War Bodo Kirchhoff der erste, der über das Phänomen des Sextourismus geschrieben hat? Oder hat ihn die feministische Zeitschrift "Emma" in den frühen 80ern wegen anderer Vorkommnisse diskriminiert? Diesbezüglich erklärt Bodo Kirchhoff in der Aufnahme einmal, das sei ein "unglaublicher Hammer" gewesen. Und: Warum erscheint der Roman "Infanta", durch den Kirchhoff in den 90ern einem größeren Publikum bekannt wurde, im Jahre 2001 den Literaturkritikern noch immer lesenswert? All das klären Hubert Winkels und seine Gäste.