Studio LCB mit Richard Ford
11. Juni 1997
Literarisches Colloquium Berlin
Lesung: Richard Ford
Moderation: Denis Scheck
Gesprächspartner: Ulrich Greiner, Hans-Peter Rodenberg
Sobald alle Rechtsinhaber zugestimmt haben, wird diese Veranstaltung vollständig nachzuhören sein.
Weiterführende Informationen
Thema dieser Studio-LCB-Sendung ist Amerika. Oder anders ausgedrückt: Eine Typologie des Amerikanischen jenseits der Klischees soll erfasst werden. So thematisieren die Teilnehmer bestimmte Aspekte der Geschichte und Kultur der USA in Gegenüberstellung zum Leben und Werk des Schriftstellers Richard Ford. Beispielsweise beschreiben sie die Rolle zweier unterschiedlicher literarischer Klassiker - Tocqueville und Emerson - über den Einfluss, den beide Autoren auf Fords Roman "Unabhängigkeitstag" übten. Rodenberg analysiert dabei die Funktion der Jugend aus der Perspektive des amerikanischen Philosophen Emerson. Dieser hatte nämlich im 19. Jahrhundert ein Bild von der Jugend als Träger eines ideellen Wertes entwickelt. Wie dieses Element der Transzendenz wieder auf den mit renommierten Preisen versehenen Roman "Independent Day" einwirkt, wird in dieser Aufnahme nachvollziehbar. Auch der Literaturkritiker Ulrich Greiner baut interessante historische Parallelen auf. Er verweist auf den Titel von Fords Buch, der auf den Text der Unabhängigkeitserklärung von 1776 anspielt. Greiner beschreibt den Charakter des Textes von Jefferson als erhaben und gleichzeitig unfreiwillig komisch. Gerade diese zwei sich beißenden Aspekte habe Ford in seinem Roman gekonnt eingebaut. Überhaupt findet Greiner, dass es dem Autor gelungen sei, die großen Themen anzupacken. "Es ist riskant, so hoch anzusetzen", so der Rezensent der ZEIT weiter.
Überdies unterhält man sich mit Ford über das alte Spannungsverhältnis zwischen Europa und den USA und warum sich hierzulande amerikanische Literatur so großer Beliebtheit erfreut. Einen wesentlichen Anteil macht die Erörterung des Werdegangs des Autors aus.
Katja Seibt liest die dt. Übersetzung
Programmtext
Die Romanhelden Richard Fords sind von der Idee besessen, man könne "die Zukunft nur mit einer geordneten Vergangenheit beginnen" - so Sam Newels aus "Ein Stück meines Herzens", dem 1976 in den USA erschienen Romandebüt Fords. Und in seinem jüngsten Roman, zwanzig Jahre später unter dem Titel "Unabhängigkeitstag" veröffentlicht, kommt der ehemalige Sportreporter Frank Bascombe zu der Erkenntnis: "Solange man jung ist, ist der Gegner die Zukunft. Aber wenn man nicht mehr jung ist, ist der Gegner die Vergangenheit und alles, was man in ihr getan hat, und die Aufgabe liegt darin, sie hinter sich zu lassen." Im Studio LCB wird der amerikanische Schriftsteller Richard Ford, 1944 in Jackson, Mississippi, geboren, aus einem noch unveröffentlichten Novellenband lesen sowie über Stationen seiner Vergangenheit und über seine literarischen Zukunftspläne Auskunft geben. Gesprächsteilnehmer sind der Literaturkritiker Ulrich Greiner und der Amerikanist Peter Rodenberg.