Wohin, wohin? I - Anke Stelling und Albrecht Selge

19. Juni 2019
Literarisches Colloquium Berlin

Anke Stelling und Albrecht Selge in Lesung und Gespräch
Moderation: Ulrike Vedder

Laufzeit: 1:20h

Programmtext

Die Bücher von Anke Stelling und Albrecht Selge stellen eine der aktuellsten Fragen der Gegenwart: Wie kann man sich nach einem sozialen Absturz wieder aufrichten und weitermachen? Ist es in dieser Situation überhaupt möglich, ein empathischer Mensch zu bleiben? Anke Stellings mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2019 ausgezeichnetes »Schäfchen im Trockenen« (Verbrecher Verlag) erzählt von der Berlinerin Resi, die in einem Roman ihrem vermeintlich liberalen Freundeskreis einen Spiegel vorgehalten hat. Nicht nur wird sie deswegen aus dem sozialen Gefüge ausgeschlossen, auch kündigt einer ihrer Freunde ihren Mietvertrag. Mit ihrer sechsköpfigen Familie steht Resi nun vor der Aufgabe, eine bezahlbare Wohnung zu finden. In einem Brief an ihre Tochter reflektiert sie die hochambivalente Gemengelage, die zwischen Verantwortung und Fatalismus durch ihre Herkunft mäandert. Die Protagonistin von Selges »Fliegen« (Rowohlt Berlin) wählt eine unkonventionelle Lösung: Ihr Mietvertrag wird wegen Eigenbedarfs gekündigt und von ihrer Rente kann sie sich keine Wohnung leisten – sie kauft sich eine Bahncard 100 und lebt in den Zügen der DB. Der Rhythmus der Züge bestimmt ihren Tagesablauf und taktet die Sprache des Romans. Obwohl sie ständig unterwegs ist, scheint sie nicht vorwärtszukommen. Schafft sie es mit Humor und feinem Gehör für ihre Mitreisenden trotzdem, nicht völlig aus dem Leben zu gleiten? Diesen Abend über räumliche, soziale und metaphysische Obdachlosigkeit moderiert Ulrike Vedder, Germanistin an der Humboldt Universität.

Personen auf dem Podium