Traumschiff

08. September 2015
Literarisches Colloquium Berlin

Buchpremiere: Alban Nikolai Herbst
Moderation: Wiebke Porombka

Programmtext

„Was vorher war und was noch kommt, versinkt in dem Bewusstsein“, notiert der alternde Gregor Lanmeister an Bord eines kleinen Kreuzfahrtschiffes auf dem Weg zurück nach Europa. „Doch alles“, denkt er weiter, „geht nur langsam unter. Wir sehen ihnen zu, den Dingen, und denken, wie gut sie doch schwimmen. Dafür gibt es ein Wort, wenn man etwas gegen die See abdichtet. ‚Kalfatern‘. Wir denken, uns kalfatert zu haben. Auch ich dachte es. Bis ich zu bleiben beschloss.“ So beobachtet er das Meer und entsinnt sich Monsieur Bayouns, der ihm ein geheimnisvolles Sperlingsspiel hinterließ, erinnert sich an die dralle, freche Frau Seifert und wird mit einer eigenwilligen Gesellschaft bekannt, die sein Bordgeschehen fortan prägt – der Gambler Gilburn etwa und ein schrulliger Meeres-Clochard, die junge Pianistin Kateryna, die er liebevoll Lastotschka nennt, sowie die stolze Lady Porto. Und leise wandelt sich die lange Reise zur See zu einer ins Herz eines sterbenden Mannes, der zwar schon lange nicht mehr spricht, auch seine Lieben nicht mehr erkennt, aber in seinem Innern um so reicher wird, je näher das Schiff seinem Tod kommt. - Wie Alban Nikolai Herbsts umstrittener Roman „Meere” (2003) ist auch „Traumschiff“ wieder bei mare erschienen. Nach Abschluss seiner romanästhetisch forcierten „Anderswelt“-Trilogie scheint Herbst sich nunmehr einem stilleren, dem quasi klassischen Erzählen zugewendet zu haben. Eine Umkehr? Wiebke Porombka wird ihn fragen. Im Netz ist „ANH“ mit dem Literarischen Weblog „Die Dschungel. Anderswelt“ allerdings nach wie vor präsent.

Personen auf dem Podium