Literarischer Club

19. März 1998
Literarisches Colloquium Berlin

Gesprächsteilnehmer: Martin Lüdke, Beate Pinkerneil, Elke Schmitter und Gustav Seibt

Weiterführende Informationen

 

Als besonders zufrieden kann man die vier Literaturkritiker bei der Besprechung der ersten zwei Titel nicht bezeichnen. So findet Gustav Seibt den Roman „Lichtjahre“ - der erste, der von James Salter ins Deutsche übersetzt wurde – „psychologisch rätselhaft“; und das ist eine Leistung, die er als „respektabel“ bezeichnet. Doch den Gesellschaftsentwurf im Roman - Amerika in den 70ern, Scheitern einer Ehe etc. - findet er „stark überschmückt“.
Javier Marias Roman „Morgen in der Schlacht denk an mich“ löst eine ähnlich gelagerte Debatte aus. So ruft Gustav Seibt einmal aus: „Ich verstehe nicht, was die deutsche Kritik an dem Marias so findet!“ Das ist natürlich auch ein Echo auf das Lob, das Marias Erstling „Mein Herz so weiß“ im „Literarischen Quartett“ im Frühjahr 1996 erhalten hatte. Am meisten wird Marias zweitem Roman der „pseudointellektuelle Nährwert“ vorgeworfen. Elke Schmitter analysiert den Text unter den Bedingungen einer Theorie der Erinnerung und der Zeit - und kommt zu dem Ergebnis, dass der Text ermüdend sei. Ein Urteil, dass Beate Pinkerneil nicht teilt. Der folgende Titel kam schließlich besser weg: Ingo Schulzes berühmter Roman „Simple Storys“ beeindruckte die Teilnehmer durch seinen „Protokollstil“. Und Norbert Niemanns in Klagenfurt preisgekrönter Text „Wie man's nimmt“ ließ die Diskutanten seufzen. Ein Grundproblem der deutschen Literatur, so Seibt, sei vor allem fehlgeleiteter Ehrgeiz.

 

Programmtext

Vier Neuerscheinungen im Urteil der Literaturkritik: Javier Marias: „Morgen in der Schlacht denk an mich“. Aus dem Spanischen von Carina von Enzenberg und Hartmut Zahn (Klett-Cotta); Ingo Schulze, „Simple Storys. Ein Roman aus der ostdeutschen Provinz“ (Berlin Verlag); James Salter, „Lichtjahre“. Aus dem Amerikanischen von Beatrice Howeg (Berlin Verlag), Norbert Niemann, „Wie man’s nimmt“ (Carl Hanser Verlag). Die Diskussionsteilnehmer: Mathias Schreiber (Der Spiegel, Hamburg), Gustav Seibt (Berliner Zeitung), Martin Lüdke (SWF, Mainz) und die Gesprächsleiterin Beate Pinkerneil (ZDF, Mainz).

Anmerkung: Statt Mathias Schreiber nahm Elke Schmitter an dieser Sendung des Literarischen Clubs teil.

Personen auf dem Podium