Losgesagt! Ein Festival der Sprache, Zweiter Teil: Aussprechen
26. Mai 2021
Literaturhaus Stuttgart
Marcel Beyer und Kerstin Preiwuß
Moderation: Michael Braun
Sie kann verstören, verwundern und begeistern, verängstigen, beleidigen und nicht vergessen, in Erinnerung rufen, lügen und die Wahrheit sprechen, lässt denken und phantasieren, leiden und fühlen. Die Sprache prägt unser Dasein in allen Facetten, sie gestaltet, steuert, besitzt eine Handlungsmacht, die sich auch auf die Gesellschaft und ihre politische, kulturelle, ökonomische und soziale Verfassung auswirkt. In diesem Feld, in dem enorme Beharrungs- und Veränderungskräfte wirken, ist das Festival „LOSGESAGT!“ angesiedelt, das Sprache und ihre Verwendung wie Veränderung in der Literatur, Kunst, Politik und Gesellschaft befragt. „Von Sprache sprechen“ ist das Motto dieses Festivals, um die kürzlich verstorbene Lyrikerin Barbara Köhler zu zitieren. Die ihm zugrunde liegende Idee ist der turbulenten Wirklichkeit geschuldet, deren Zeitzeugen wir sind und in der sich die Komplexität und Gleichzeitigkeit des Globalen, Pandemischen und Digitalen vermischen. Wir leben in einer Zeit, „in der sich wechselseitig befeuernde Impulse einen Zustand der großen Gereiztheit erzeugen“, so der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen. Zugleich entwickeln sich die digitalen Sphären zu einem Medium für bis dahin Marginalisierte, Nichtgehörte; es entstehen Resonanzräume, in denen Mehrstimmigkeit selbstverständlich ist und die nicht selten mit einem beachtlichen Potenzial politischer Mobilisierungskraft ausgestattet sind.
Teil 2: Aussprechen
Dass Worte ihre Wirkung wie die eines Giftes entfalten, schrieb bereits der Romanist Victor Klemperer in seinem „LTI – Notizbuch eines Philologen“, erschienen 1947. Die Lyrikerin und Prosaautorin Kerstin Preiwuß und der Lyriker und Prosaautor Marcel Beyer haben schon vor geraumer Zeit über Reizwörter unsere Gegenwartssprache nachgedacht, darüber, wer in den Ansprachen wen adressiert, wer sich gemeint fühlen will, fühlen soll und welche Wörter dazu ansetzen, unser Sprechen zu bestimmen, zu verletzen und zu zersetzen; Deutschlandfunk realisierte 2019 eine kleine Reihe zu diesen Fragen unter dem Titel „Kalt-Deutsch“. Zum LOSGESAGT Festival bringen Kerstin Preiwuß und Marcel Beyer Wörter aus unserer Alltagssprache mit, die sie genauer befragen und zu denen sie kurze Texte geschrieben haben. Sie reagieren damit auf Sprachveränderungen in Zeiten zugespitzten und affektgeladenen Sprechens.