Studio LCB mit Durs Grünbein

17. März 1999
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Durs Grünbein
Gesprächspartner: Helmut Lethen und Gustav Seibt
Moderation: Hubert Winkels

Programmtext

Durs Grünbein wurde 1962 in Dresden geboren. Seit dem Erscheinen seines Gedichtbandes "Schädelbasislektion" 1991 gehört er zu den wichtigsten deutschsprachigen Dichtern. Selten hat ein junger Lyriker solch massiven öffentlichen Zuspruch erfahren - bis hin zur Verleihung des Büchner-Preises 1995. Nach Grünbeins erstem Lyrikband "Grauzone morgens" von 1988 wusste man, dass hier eine Stimme aus dem Osten ganz unangestrengt in der Lage war, die Atmosphäre von Erstarrung, täglichem Untergang und tristem Weitermachen wiederzugeben. Mit "Schädelbasislektion" erfolgte die Weiterung der Themen, des Blicks, des Erkenntnisraums. Grünbeins Gedichte verbanden konkrete Bilder mit universellen Ansprüchen, Traum und Politik, Alltag und Naturgeschichte. Nach zwei weiteren Lyrikbänden, beide 1994, und einer Essaysammlung, die naturwissenschaftliche mit poetologischen Fragen koppelt, erscheint in diesem Frühjahr ein neuer Band mit Gedichten Durs Grünbeins: "Nach den Satiren".

Weiterführende Information

In dieser Sendung geht es um Durs Grünbein als Figur des erfolgreichen Dichters. Die Fragen kreisen dementsprechend um seinen Werdegang. Warum, so fragt Hubert Winkels zu Beginn der Aufnahme, reagiert Durs Grünbein auf Fragen, welche die DDR betreffen, zurückhaltend. Später fragt der Moderator, wie der Schriftsteller den gewaltigen Zuspruch der Feuilletons nach der Wende empfunden habe - zumal er in jungen Jahren den Georg-Büchner-Preis erhielt. Das alles lädt den Autor zum Erzählen und Deuten ein: In der DDR sei man als Person von vornherein durchdekliniert, ja überdefiniert gewesen. Die Lyriker im Prenzlauer Berg hätten zwar Haustür an Haustür gewohnt, seien allerdings ästhetisch tief verfeindet gewesen. Davon berichtet Grünbein - und noch von anderen Erlebnissen: Wie Heiner Müller ihn zum Suhrkamp Verlag brachte. Wie er während seiner Militärzeit ausschließlich Bertolt Brecht gelesen habe. Wie er versucht habe, das "linke" Denken mit einem "snobistischen, kalten" Denken zu kombinieren.
Der Literaturkritiker Gustav Seibt erzählt dann wiederum, wie es dazu kam, dass die "FAZ" Grünbein so "umarmt" hatte. Er berichtet vom Ehrgeiz der Literaturredakteure - und wie unangenehm ihm der Hype um Grünbein gewesen sei. Diese ganze Dynamik habe er nicht nur als unglücklich, sondern vielmehr als grauenhaft empfunden.

Personen auf dem Podium