Studio LCB mit Felicitas Hoppe
12. Oktober 2006
Literarisches Colloquium Berlin
Lesung: Felicitas Hoppe
Gesprächspartner: Valentin Groebner und Felicitas von Lovenberg
Moderation: Denis Scheck
Sobald alle Rechtsinhaber zugestimmt haben, wird diese Veranstaltung vollständig nachzuhören sein.
Programmtext
"Die Wahrheit, was ist das?" fragt Felicitas Hoppe in ihrem neuen Roman "Johanna". Es geht darin um Jeanne d'Arc, die Frau des Jahrtausends, wie sie ein Historiker einmal nannte, eine Gestalt, die über Jahrhunderte hinweg als Projektionsfläche für die Sehnsüchte und Erlösungserwartungen keineswegs nur der französischen Nation diente: ob als Hure, Hexe oder Heilige, Terroristin oder religiöse Visionärin: das mittelalterliche Bauernmädchen, das Stimmen hört und sich zur Rettung des Vaterlands an die Spitze eines Heeres stellt, hat die Phantasie unzähliger Autoren beschäftigt - keineswegs nur die von Historikern, sondern auch die von Schriftstellern, wie Schiller, Shaw oder Brecht. Felicitas Hoppe hat dafür nicht die Form des historischen Romans gewählt. Ihre Ausgangsfrage - "Worauf kommt es in der Geschichte an? Nicht darauf, daß man Geschichten erzählt, sondern wie man Geschichte macht, wenn man erzählt" - hat sie zu einer ganz eigenen zeitgenössischen Form geführt. In der Lesung und im Gespräch mit der Literaturkritikerin Felicitas von Lovenberg und dem Historiker Valentin Groebner wird es um die reale Person Jeanne d'Arc und ihre Spiegelungen in der Literatur und im Kino gehen.
Weiterführende Informationen
Hierbei handelt es sich um eine Aufnahme, in der es hauptsächlich um die berühmte Johanna von Orleans als historische Figur in der Reflexion einer literarischen Arbeit von Felicitas Hoppe geht. Dabei diskutiert man die unterschiedlichen Aspekte der heiligen Johanna. Beispielsweise betont Hoppe einmal, die Jungfräulichkeit sei das A und O dieser Figur. Groebner ergänzt ihre Aussage: Jungfräulichkeit sei im 15. Jahrhundert ein Verweis auf religiöse Legitimität gewesen. Und denkt diesen Gedanken weiter: Auch Staaten hätten diese Kontextualität hergestellt, zum Beispiel später England bei der Nennung der ersten Kolonie auf amerikanischem Boden: Virginia. So thematisieren die Diskutanten stark die Geschichtsschreibung des 19. und 20. Jahrhunderts, die aus einer Bauerntochter des Mittelalters eine relevante, symbolgeladene Figur machte. In Hoppes Roman dreht sich aber nicht alles um die Johanna des 15. Jahrhunderts: Die Autorin umkreist auch die Gelehrten, die Johanna erforschen.