Studio LCB mit Günter Grass
04. März 1992
Literarisches Colloquium Berlin
Lesung: Günter Grass
Gesprächspartner: Friedrich Christian Delius und Stephan Lohr
Moderation: Hajo Steinert
Programmtext
Günter Grass liest aus seiner neuen Erzählung "Unkenrufe", die im Frühjahr im Steidl Verlag erscheint.
Weiterführende Informationen
Die Erzählung "Unkenrufe", die 1992 erschien, thematisiert am Beispiel einer Darstellung eines polnisch-deutschen Liebespaares die nachbarlichen Kompliziertheiten beider Nationen nach dem Krieg. Die Besonderheit hierbei ist, dass Grass den Teilnehmern dieser Studio-LCB-Sendung den Text nicht hatte zukommen lassen. Das heißt: Sie hörten während der Veranstaltung Teile der Erzählung das erste Mal, was schließlich zu einer sehr vorsichtigen und vorwiegend höflichen Debatte führt. Günter Grass erörtert diese Art der Publikationsstrategie, was - aus der Perspektive Hajo Steinerts beispielsweise - das gestörte Verhältnis des Autors zur Literaturkritik verdeutlicht. Der berühmte Autor und sein Verlag hatten sich entschieden, den fertigen Text den Buchhändlern zu übergeben und dann erst die Rezensionsexemplare zu verschicken - eine in der Szene unübliche Vorgehensweise . Grass begründet dieses Vorgehen, indem er auf die Arbeitsweise der Rezeption verweist, die aus seiner Sicht oft mit vorgefertigten Meinungen und falschen Erwartungen operiere. Als "Gesinnungsästheten" bezeichnet er die Feuilletonisten. Weitere wichtige Themen in den Gesprächen mit dem Autor sind u. a. die Darstellung des künstlerischen Prozesses und Grass' Verhältnis zu seinen Übersetzern.