Studio LCB mit Irina Liebmann

22. Oktober 1997
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Irina Liebmann
Moderation: Hajo Steinert
Gesprächspartner: Ingo Schulze, Dirk Rodewald

Weiterführende Informationen

In dieser Studio-LCB-Sendung wendet man sich der Faszination des realistischen Erzählens zu. Eine Frage, die immer wieder anklingt, prägt die Diskussionen: Wie überträgt man Beobachtungen in ein literarisches Format? Irina Liebmann berichtet diesbezüglich, wie sie in den 70er Jahren in der DDR angefangen hatte, Reportagen für "Die Wochenpost" zu schreiben (Monika Maron hatte übrigens für die selbe Zeitung gearbeitet), wobei dann naturgemäß die Arbeitswelt und der Alltag der DDR zu ihren bevorzugten Themen wurden. Das war "eine gute Schule gewesen", betont Irina Liebmann. Das erweist sich auch als eine Aussage, die zu einer Autorin passt, welche ein beinahe empirisches Verständnis von Ästhetik pflegt. Einmal sagt sie nämlich den schönen Satz, sie könne den "lieben Gott nicht überbieten" - die Wirklichkeit sei viel interessanter als das, was sie sich ausdenken könne. Jedoch abseits des dunklen Zaubers, den die Fabrik-Welten bei ihr zunächst ausgelöst hatten, machte sie die Erfahrungen, dass Reportagen unter realsozialistischen Bedingungen zu verfassen in ein Paradoxon münden musste. Die Erfahrung der Zensur veranlasste sie dazu, die "Wochenpost" zu verlassen.
Im zweiten Teil der Sendung wendet man sich ihrem neuen Buch zu ("Letzten Sommer in Deutschland"), das als ein Tagebuch einer Reise durch Deutschland charakterisiert wird - und das von den Diskutanten sehr geschätzt wird. Ingo Schulze erklärt, so ein Buch hätte er gern selber geschrieben - und zeigt sich angetan von dem Reichtum der Details, Geschichten, Personenbeschreibungen und Anekdoten. Und auch Rodewald schätzt das Buch hoch ein, rühmt vor allem die "sorgfältigen Beobachtungen" Liebmanns.

Programmtext

Irina Liebmanns neues Buch "Letzten Sommer in Deutschland" ist weniger Seelenerkundung als literarischer Reisebericht. In diesem Bericht beschreibt die sprachvirtuose Autorin Impressionen von einer Deutschlandfahrt. Sie stellt sich ganz bewusst in die Tradition von Reportagen, wie sie etwa Ilja Ehrenburg oder Josef Roth geschrieben haben. Ob es wirklich, wie der Untertitel verspricht, "eine romantische Reise" geworden ist? Irina Liebmann liest aus dem neuen Buch und unveröffentlichte Texte. Ihre Gesprächspartner sind der Berliner Schriftsteller Ingo Schulze und der ebenfalls in Berlin lebende Publizist Dirk Rodewald.

Personen auf dem Podium