Studio LCB mit Monika Maron

22. Oktober 2013
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Monika Maron
Gesprächspartner: Thea Dorn und Thomas Hettche
Moderation: Maike Albath

Programmtext

Am Anfang scheint es eine Wahrnehmungsstörung zu sein: Ruth blickt am Morgen von Olgas Beerdigung in den Himmel und beobachtet, wie eine Wolke erst vorwärts und dann rückwärts zieht. Ihre Sehschwäche entpuppt sich als veränderter Zugang zur Wirklichkeit – auf einmal betrachtet die Heldin und Ich-Erzählerin in Monika Marons neuem Roman „Zwischenspiel“ ihr gesamtes Leben aus einem veränderten Blickwinkel und tritt in ein Zwiegespräch mit der eigenen Vergangenheit. Nicht nur ihre ehemalige Schwiegermutter Olga gesellt sich zu ihr, auch ein Freund ihres Ex-Mannes, sogar Erich Honecker und seine Frau Margot haben einen Auftritt. Durch eine verkehrte Brille hatte sich auch die Protagonistin in „Animal triste“ (1996) bewusst eine Sehschwäche antrainiert, so wie sich sämtliche Heldinnen in Marons umfangreichem Werk vorgegebenen Deutungsmustern oder Lebensentwürfen verweigern. Monika Maron wurde 1941 geboren, wuchs in West-Berlin auf, bis ihre Mutter den DDR-Innenminister Karl Maron heiratete und mit der Tochter Anfang der fünfziger Jahre in den Ostteil übersiedelte. Nach ersten Berufserfahrungen als TV-Regieassistentin und Reporterin legte sie 1981 ihr aufsehenerregendes Debüt „Flugasche“ (1981) über die Journalistin Johanna Nadler vor, die mit ihrer Recherche über ein veraltetes Kraftwerk in Schwierigkeiten gerät. Der Roman konnte nur in der Bundesrepublik erscheinen, wohin Maron 1988 mit einem Visum übersiedelte. Während „Stille Zeile sechs“ (1991) den SED-Staat mit seinen Verwerfungen in den Blick nahm, ging es in dem Generationenporträt „Pawels Briefe“ (1999) um die jüdischen Großeltern, die den unschuldigen Teil der furchtbaren deutschen Geschichte verkörperten. In Marons Büchern sind es immer wieder Einzelschicksale, die die Vielschichtigkeit historischer Umbrüche fassbar machen. Im Studio LCB wird sie mit den Schriftstellern Thea Dorn und Thomas Hettche über ihren neuen Roman und das Erzählen von Wirklichkeit diskutieren.

Weiterführende Information

"Berlin ist von mir bevölkert", zitiert Maike Albath eingangs Monika Maron. Im ersten Teil des Gesprächs geht es folglich um die Biographie der Autorin, ihre Beziehung zu beiden Teilen Berlins, den Vater Karl Maron und auch um die Debatte um Marons Berichte an die Stasi. Die Gäste Thomas Hettche und Thea Dorn erzählen, wie sie die Autorin und ihr Werk kennen gelernt haben.

Im Anschluss an die erste Lesung widmet sich die Gesprächsrunde der Anlage des neuen Romans und den typischen Maron-Motiven darin. Das Gespräch dreht sich um Familienkonstruktionen, (abwesende) Vaterfiguren und surreale Elemente. Die Gäste versuchen auch, sich Marons Menschenbild und dem "spirituellen Kern" (Hettche) des Werks zu nähern. 

Nach einer weiteren Lesung widmet sich das Gespräch den "großen philosophischen Fragestellungen" (Albath), der Rechtfertigung von Lebensentwürfen also, der Interpretation des Surrealen im Roman und den Konflikten zwischen den Figuren. Da ist es nicht verwunderlich, dass Monika Maron eines kategorisch klarstellt: In diesem Buch gehe es nicht um die DDR, sondern um Menschen. Zum Abschluss befragt Maika Albath die Gäste zu Monika Marons literarischem Stil.

Personen auf dem Podium