Studio LCB mit Navid Kermani
25. August 2011
Literarisches Colloquium Berlin
Lesung: Navid Kermani
Gesprächspartner: Egon Amman und Andreas Isenschmid
Moderation: Maike Albath
Programmtext
Mehr kann man sich nicht vornehmen: ein Buch über alles. So kündigt der Schriftsteller und Essayist Navid Kermani seinen neuen Roman an, der den Titel „Dein Name” trägt und weit über tausend Seiten umfasst. Nach kürzeren erzählerischen Texten wie „Das Buch der von Neil Young Getöteten” (2002) und „Kurzmitteilung” (2007) ist dies sein bisher umfangreichstes Buch. Erzählt wird das, was den Menschen ausmacht: Leben, Tod, Alltag, die Geschichte der Familie und Bruchstücke der Vergangenheit. Vor allem der Großvater, der Anfang des 20. Jahrhunderts als erstes Kind aus Isfahan die Amerikanische Schule in Teheran besuchte, wird herauf beschworen. Nicht nur von orientalischen Traditionen ist die Rede, sondern auch von elektrisierenden Lektüren wie Jean Paul und Hölderlin. Navid Kermani ist allein durch sein multikulturelles Dasein ein Beispiel für neue Biographien mit verschiedenen kulturellen Verankerungen. Er wurde 1967 als Sohn iranischer Eltern in Siegen geboren, studierte in Köln, Kairo und Bonn, lebte einige Jahre in Isfahan und ist jetzt in Köln zu Hause. In seinem umfangreichen essayistischen Werk geht Kermani immer wieder den verschiedenen Prägungen auf den Grund. Auch an der Debatte um den Islam in Deutschland hat sich der habilitierte Orientalist mit mehreren Büchern beteiligt. Im Studio LCB liest Navid Kermani zum ersten Mal aus seinem Roman und diskutiert mit dem Literaturkritiker Andreas Isenschmid und dem Verleger Egon Ammann, der 2010 seinen gleichnamigen Verlag nach 29 Jahren auflöste, über den Zusammenhang von Literatur und Wirklichkeit.
Weiterführende Informationen
Die Diskussionen in dieser Studio-LCB-Runde drehen sich um die Einordnung und Charakterisierung des Textes von Navid Kermani. Was stellen diese mehr als tausend gedruckten Seiten formal dar? Handelt es sich um einen Roman oder um ein Tagebuch? Haben wir es hier mit einer Mischform zu tun – gar mit einen Antiroman? Ein ähnlicher Fragenkatalog kreist um den Inhalt. Wie fasst man Kermanis Text inhaltlich zusammen? Steht die Beschäftigung mit dem Tod im Zentrum? Oder muss man eher darauf achten, wie stark sich der Autor mit der iranischen Zeitgeschichte auseinandersetzt? Einig sind sich die Teilnehmer über den Themen-Reichtum in Kermanis „Dein Name“. Sie bezeichnen den Text als „Totalität“. So beschäftigt sich der Autor in seinem Buch mit Jean Paul, Fragen der Mystik, der Geburt seiner zweiten Tochter und den guten und schlechten Eigenschaften von deutschen Kleinstädten am Beispiel Siegen.