Studio LCB mit Sherko Fatah

26. Mai 2008
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Sherko Fatah
Gesprächspartner: Meike Feßmann und Wolfgang Schneider
Moderation: Hubert Winkels

Programmtext

Den aktuellen Roman des Berliner Autors Sherko Fatah kann man als groß angelegte Gewaltstudie lesen: wie Gewalt entsteht, wie man ihr anheim- und wie man ihr zum Opfer fällt. Der Roman erzählt die Geschichte Kerims, eines Kurden aus dem Norden des Irak. In eindringlicher Sprache wird von Kapitel zu Kapitel eine exemplarische Biographie erzählt, die in den Bergen Kurdistans beginnt, in ein Berglager von Gotteskriegern führt und schließlich die Flucht als blinder Passagier von der Türkei über Griechenland nach Berlin schildert. Der zweite Teil des Romans spielt in der Exilantenszene Berlins. Mit "Das dunkle Schiff" ist dem 1964 in Ostberlin geborenen und in Westberlin als Sohn eines Irakers und einer Deutschen aufgewachsenen Philosophen Sherko Fatah eine bewegende Schilderung gelungen, wie politische Umstände in die biographische Katastrophe führen können. Dabei ist Fatah viel zu intelligent, um ein simples Täter - Opfer Schema zu bedienen. "Das dunkle Schiff" ist Fatahs vierte Veröffentlichung und war für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Mit dem Autor diskutieren die Literaturkritiker Meike Fessmann und Wolfgang Schneider.

Weiterführende Informationen

Zwei Themen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, werden in diesen zwei Radiostunden behandelt. Zum einen der hiesige Literaturbetrieb - damit beginnt das Gespräch mit Sherko Fatah. Zum anderen redet man über Terrorismus, islamische Welt und Gewalt. Alles Themen, die in Fatahs Roman "Das dunkle Schiff" eine bedeutende Rolle spielen. Dabei nähern sich Winkler und seine Gäste allmählich den heutigen Dimensionen der Gewalt an. So berichtet Fatah, wie er die Literaturwerkstatt für Autoren im LCB besuchte - und welchen Eindruck diese auf ihn gemacht hat. Das wiederum animiert Winkels, laut über den Literaturbetrieb zu räsonieren. Ist die Förderung in diesem Land für die Literatur noch gut, fragt er einmal. Produziert das Stipendiensystem literarische "Tiger", oder bringt es doch nur Papiertiger auf die Beine? Dass der Moderator gerade solche Fragen stellt, hängt eng mit dem Stoff zusammen, den Fatah für seinen Roman verarbeitet hat (und von dem sich schließlich alle Teilnehmer angeregt und beeindruckt zeigen). Winkels fragt im zweiten Teil schließlich, ob der Autor mit seiner Darstellung der Gewalt nicht zu weit geht. Eine Frage, die keineswegs rhetorisch oder matt daher kommt. Beide Kritiker werten die drastischen Passagen im Roman auch eher als eine "dezente" Form von "Mythologisierung".

Personen auf dem Podium