Was bedeutet queer in Bezug auf andere Macht- und Herrschaftsverhältnisse?
Der Roman von Monique Truong ist auf einer ersten Ebene als Geschichte des Lebens von Gertrude Stein und Alice B. Toklas lesbar, erzählt aus Sicht des vietnamesischen Kochs Bính des in Paris residierenden US-amerikanischen Künstlerinnenpaares. Aus zweiter Sicht ist es eine dekoloniale schwule 'Coming Out'-Geschichte von Bính, der anfängt, seine eigene unterdrückte Position im Verhältnis zu zwei weißen Chefinnen und schwulen Lovern zu verstehen und zu formulieren. Alleine die kontinuierliche falsche Namensbenutzung für Bính macht dies deutlich. Der Roman eröffnet damit einen postkolonialen Blick auf ein ikonisiertes queeres Künstlerinnen-Paar und relativiert auf diese Weise die sehr weißen Geschichten zu queer, die auch in diesem Hörraum vor allem zu hören sind – und auf diese Weise Bilder und Normen zu Queer-Sein prägen. Chimamanda Ngozi Adichie hat von „the danger of a single story“ gesprochen, und Yaa Gyasi setzt dies auch in einem Kapitel in 'Homegoing' in eine historische Schulstunde um: die Geschichten, die zu hören und lesen sind, sind zunächst Geschichten der Macht. Es gibt nie die eine Geschichte, sondern immer nur verschiedene Perspektiven. Welche Geschichten in welchen Kontexten vorkommen, hängt auch davon ab, wie machtvoll die Stimmen sind, die gehört werden.
Ist Queer die primäre Selbsteinlesung von Personen, die rassistisch diskriminiert werden? Was bedarf es, um queer als politischen Begriff sich aneignen zu können? Welche Ausschlüsse gehen damit einher?
Welche Stimmen kann ich hören? Welche Geschichten sind nicht hörbar in dem Hörraum und wie könnte ich die Stille hinter dem Rauschen wahrnehmen?
Stimmen finden: Die Macht der Formen
Zur HörstationUner_geHörtes
Zur HörstationEin Tag im Arabischen Frühling
Zur Hörstation30.01.1999, Ort, Lesung „Lorem ipsum lara est“
–