Was heißt es queer zu lesen und zu hören? Durchqueren von Normen, die Gender und Sexualität durchbrechen? Im Lesen und Hören? In dem, was geschrieben ist und vorgelesen wird? Was macht ein Text und sein Hören zu einem queeren Text oder Text-Hören? Verhandelt queer Normen, von denen ein queerer Text abweicht oder ist queer eine Haltung, mit der ich alles lesen/hören kann? Ist queeres Hören_Lesen ein Ant_Worten auf heteronormative Verhältnisse? Was fällt alles darunter? Und für welche Personen? Diese Fragen stelle ich konkret bezogen auf verschiedene Lesungen, literarische Gespräche und Literatur-Events und will Ihnen als besuchenden Personen dieses Hörraums dadurch mögliche Les- und Hörarten eröffnen. Dies kann auch dazu führen, dass Sie zukünftig Ihre eigenen Fragen wie Folien über das Gehörte und Gelesene legen_hören und auf diese Weise Ihre eigene Wahrnehmung der Literatur lesend queeren.
Queer ist eine literarische Herausforderung an heteronormative Logiken. Queeres Hören deute ich in diesem Hörraum als normkritische Perspektiven zu intersektionalen Machtverhältnissen, in denen Gender und Sexualität eine Rolle spielen.
Sexualitäten stellen geschlechtliche Vorstellungen her, setzen diese voraus und wiederholen diese in Formen, die den Zusammenhang zwischen Geschlecht und Sexualität verselbstständigen, normalisieren, naturalisieren. Queer kann also geschlechtliche Zuordnungen und Konstellationen herausfordern, neu fassen, als auch Sexualität neu verstehen, erweitern, neu einlesen: als ver- oder entgeschlechtlichte Praktiken, als gesellschaftliche Normen, als soziale Identitäten. Sexualitäts- und Gendervorstellungen sind immer auch geprägt durch Rassismus, Klassismus, Vorstellungen von BeHindert-Werden. Das nenne ich Intersektionalität.
Wie finden sich queere Menschen in Texten wieder, die heteronormative Welten als Selbstverständlichkeiten elaborieren, literarisieren, verselbstständigen, so hermetisch normalisieren, dass es schwerfällt, sich noch etwas anderes vorzustellen – andere Wortungen. Anderes zu hören.
Kann ich auch Schweigen hören, Leerstellen, fehlende Archivspuren und nicht stattgefundene Diskussionen? Kann ich also auch hören, was es in machtvollen Institutionen zu Literatur nicht zu hören gibt? Nur unter bestimmten Themen zu hören gibt? Was findet sich in Archiven, die sich gerade auch dadurch auszeichnen, dass sie die Kriterien ihrer Erstellung – Ästhetik – als neutrale Instanzen ansehen, die nicht bereits machtvolle soziale Normen – also in diesem Fall Hetero-Normen – in sich tragen?
Die Folien des Hörraums, die ich hier über Lesungen, Texte und Videos lege, laden dazu ein, das eigene Hören zu differenzieren, die eigene Wahrnehmung herauszufordern.
30.01.1999, Ort, Lesung „Lorem ipsum lara est“
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