Studio LCB mit Rainer Merkel

17. Januar 2013
Literarisches Colloquium Berlin

Lesung: Rainer Merkel
Gesprächspartner: Insa Wilke, Gerrit Bartels
Moderation: Hubert Winkels

Programmtext

Rainer Merkel hat sich eher langsam und leise in den Korpus der Gegenwartsliteratur eingeschrieben. Die unterschiedlichsten Qualitäten werden an ihm gerühmt. Die einen loben ihn, weil er durch Stil und Dramaturgie psychologische Empathie erzeugt, andere begeistern sich über seine Beschreibungsgenauigkeit und wieder andere heben seinen lakonisch-trockenen Beobachtungshabitus hervor. Der Erzähler und auch erzählende Reporter Rainer Merkel ist 1964 in Köln geboren, hat Psychologie und Kunstgeschichte studiert und lebt in Berlin.  2008 arbeitete er über ein Jahr  als Leiter einer  psychiatrischen Einrichtung für Cap Anamur in Liberia. Zuletzt erschienen die Romane "Das Jahr der Wunder", für den er den Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung erhielt, "Das Gefühl am Morgen" und "Lichtjahre entfernt", der auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis stand. Im letzten Herbst erschien sein vielbeachteter Reportagenband "Das Unglück der anderen. Kosovo, Liberia, Afghanistan". Im Studio LCB liest Rainer Merkel aus seinem neuen Roman "Bo", der  in manchem an sein Vorgängerbuch anknüpft:  Eigentlich sollte Benjamin von seinem Vater abgeholt werden. Aber stattdessen steht der 12-Jährige mitten in der Nacht allein am Flughafen von Monrovia, der Hauptstadt Liberias. Ohne Pass und Gepäck, aber mit einem fremden Mantel, in dessen Taschen dicke Geldbündel stecken. Auf dem Weg in die Stadt kann er dem zwielichtigen Harris und seinem Kumpan, dem "Milchmann", gerade noch entkommen und steht plötzlich vor dem gleichaltrigen Bo und der verwöhnten Brilliant. Haben die ihn schon erwartet? – So beginnt eine waghalsige  Reise durch die afrikanische Welt und das Erwachsenwerden.

Weiterführende Informationen

Dieses Studio LCB hält hauptsächlich eine Debatte über die diffizilen postkolonialen Strukturen in West-Afrika fest. Am Beispiel Liberias, das lange unter einem brutalen Bürgerkrieg zu leiden hatte, erklärt Rainer Merkel sachkundig das Netzwerk der „Ärzte ohne Grenzen“. Merkel stellt präzise dar, welche Motivationen Europäer dazu bringen, sich lange in Krisengebieten aufzuhalten. Die psychologischen Raster, die der Schriftsteller dabei beschreibt, geben ein gutes Bild von heutigen Mitarbeiterstrukturen in karikativen Organisationen wieder. Interessant ist, wie Merkel seinen Stoff verarbeitet: Nämlich als Reportage und als Roman, in dem Jugendliche von 12-13 Jahren im Mittelpunkt stehen. So geht es hier auch um die Auslotung von Grenzen der Jugendliteratur.Helfen

Personen auf dem Podium